Hintergrund

Warum Nachhaltigkeit wichtig ist

Helen Hüsser
Helen Hüsser

«Wir brauchen die Natur, aber die Natur kommt ohne uns aus.» Dieser Ausspruch wird vielen zugeschrieben, Richard von Weizsäcker genauso wie Hannelore Elsner. Eigentlich egal, denn jeder darf ihn wiederholen. Denn die Erde mit ihrer biologischen Vielfalt an Ökosystemen und einer artenreichen Flora und Fauna ist die Grundlage allen Lebens auf unserem Planeten. Das Zusammenspiel von Tieren, Insekten, Kleinstlebewesen und Pflanzen mit der Luft, dem Wasser, Gestein und Boden schafft die Voraussetzung für vielfältige Ökosystemleistungen. Von diesen hängen wir Menschen ab. Eine intensive Nutzung bzw. der Abbau von endlichen Ressourcen, der globale Klimawandel und die zunehmende Verschmutzung der Umwelt bedroht jedoch das empfindliche Ökosystem der Erde.

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Warum wir ohne Umwelt nicht leben können

Die Vorstellung darüber, dass Nachhaltigkeit nur für langhaarige Hippies oder junge Umweltaktivisten wichtig ist, gehört gänzlich der Vergangenheit an. Mittlerweile hat der Begriff längst Einzug in den normalen Alltag gehalten. Sei es durch E-Autos, fleischarme Ernährung oder Photovoltaik-Anlagen. Trotzdem begreifen die breite Öffentlichkeit und auch die Politik erst langsam den Sinn dahinter. Auch wenn nachhaltiges Handeln die Grundlage unserer Existenz ist, sieht die Wirtschaft in erster Linie einen florierenden Markt darin, und viele Konsumenten einen Lifestyle.

Nachhaltigkeit scheint voll im Trend zu liegen. Doch der Begriff ist kein Modewort, auch wenn man fast überall mit dem Thema konfrontiert wird. Für einige ist das Wort zu einer Lebenshaltung geworden. Die Nachfrage bei Verbrauchern nach nachhaltig gefertigten Produkten und Dienstleistungen steigt, aber auch politische Abstimmungen und Medienmeldungen nehmen rasant zu. Und das ist gut und zwingend.

Nachhaltiges Handeln und Wirken heisst schlicht, dass wir nur so viel von der Erde und ihren Rohstoffen verwenden, wie sie selber in der Lage ist, zu regenerieren. Nur auf diese Weise ist es möglich, im Einklang mit den empfindlichen Ökosystemen zu leben. Und zwar nicht nur jetzt, sondern noch länger. Nachhaltig heisst darum langfristig. Eine nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum wirken sich nicht nur positiv auf die Wirtschaft und die Umwelt aus. Dieses Handeln ist schlicht zwingend für uns alle.

Da unsere Welt komplex geworden ist und es hunderte Meinungen und Gegenmeinungen zu einem Thema gibt, begreifen wir die Notwendigkeit von nachhaltigem Handeln nur, wenn wir die schädlichen Auswirkungen auch beziffern können. Dazu hat die Wissenschaft wertvolle Indikatoren und Instrumente entwickelt.

Einige davon sind hier in einfacher Sprache aufgeführt.

 

Was versteht man unter dem ökologischen Fussabdruck?

Der Nachhaltigkeitsindikator des ökologischen Fussabdrucks ist ein Messinstrument. Er ist komplex, lässt sich aber einfach ausdrücken. Er beschreibt die produktive Fläche unserer Welt, die ein Mensch zur Wahrung seines Lebensstandards benötigt. Unter Berücksichtigung und dem Stand der aktuellen ökonomischen Bedingungen. Berücksichtigt werden bei der Ermittlung der Werte auch die Produktionsbedingungen, genutzte Transportmittel und -Wege sowie die Art und Herkunft der Nahrungsmittel. Demzufolge braucht die Weltbevölkerung aktuell etwa 1,7 Erden, was ungefähr 10830,7 km entspricht, um ihren aktuellen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Das zeigt, dass wir mehr Rohstoffe verbrauchen, als auf unserem Planeten vorhanden ist. Die Überlastung der Welt steigt kontinuierlich, die Ressourcen sind jetzt schon am Limit. Wer braucht wieviel?

  • China: 2,3
  • Deutschland: 3
  • Frankreich 2,9
  • Großbritannien: 2,6
  • USA: 5
  • Indien: 0.75
  • Schweiz: 2,8

Berechnet wird dies anhand der endlichen Biokapazität unseres Planeten, die uns theoretisch zur Verfügung steht. Darunter fallen zum Beispiel Produktionsflächen wie Fischgründe, Weideland, Ackerland und auch Waldstücke. Selbst Flächen, welche Kohlestoffemissionen binden, werden mit einbezogen. Daraus wird die Einheit ermittelt, wie viel biologische Produktivität sich im Durchschnitt aus den Flächen ergibt. Hier spricht man vom «globalen Hektar, gha». Wenn jeder Mensch 1,6 gha brauchen würde, entspricht das dem Verbrauch von 1 Erde. Somit wäre das ökologische Gleichgewicht in etwa gegeben und die Erde könnte sich ausreichend regenerieren.

 

Und was ist der CO²-Fussabdruck?

Neben dem ökologischen Fussabdruck, welcher den weltweiten Bedarf an Rohstoffen erfasst, existiert auch eine Einheit, mit der sich die CO²-Emissionen pro Mensch errechnen lassen. Mithilfe eines speziellen Rechners lässt sich dieser Wert individuell ermitteln. Dafür werden beispielsweise folgende Angaben gefordert:

  • Anzahl der Personen im Haushalt
  • Wohnfläche
  • Baujahr der Immobilie
  • Art der Heizung
  • Art des Strombezugs
  • Ist ein Auto vorhanden?
  • Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
  • Flugreisen innerhalb Europas und International
  • Ernährungsweise

Die durchschnittliche CO²-Bilanz beträgt in der Schweiz satte 14 Tonnen pro Jahr und Kopf. Für eine nachhaltige Entwicklung und den Umweltschutz müsste dieser Wert auf maximal 2 Tonnen pro Weltbürger zurückgefahren werden. Nur damit ist es möglich, Klima und Umwelt für nachfolgende Generationen zu schützen. Doch der private Konsum, die Mobilität und die Energiegewinnung haben ihren Preis. Allein die Bereitstellung von Energie kostet uns 2,8 Tonnen pro Einwohner jährlich.

In der Schweiz wird übrigens von diesen 14 Tonnen CO² rund 60% vom Ausland importiert. Das schlägt sich in all den Gütern und Dienstleistungen nieder, die wir verbrauchen und konsumieren. Der Europäische Durchschnitt liegt bei 8.5 Tonnen.

 

Der «Earth Overshoot Day»

Unsere Erde ist überlastet. Und der Welterschöpfungstag mach das deutlich. Doch wie genau funktioniert das? Seit 1961 wird der «Earth Overshoot Day» vom Global Footprint Network errechnet und macht deutlich, ab wann wir die Ressourcen aufgebraucht haben, die eigentlich für ein ganzes Jahr reichen sollten. Seit Beginn der Berechnung findet der «Erdüberlastungstag» immer früher statt. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts lag das Datum noch im Dezember, im Jahr 2019 hingegen schon im Juli. Ab diesem Zeitpunkt sind die Rohstoffe erschöpft, welche uns jährlich für unsere Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Den Rest des Jahres leben wir quasi auf Pump und verwenden Ressourcen, die es eigentlich so gar nicht mehr gibt.

Es ist jedoch nie zu spät, um etwas für die Zukunft zu ändern. Das hat beispielsweise das Jahr 2020 deutlich gezeigt. Im Rahmen von Corona-Massnahmen wurde, aufgrund von fast weltweit herrschender Quarantäne und Ausgangssperren, das öffentliche und gesellschaftliche Leben extrem zurückgefahren. Die persönlichen Bedürfnisse haben sich in dieser Zeit geändert, der Flug- und Nahverkehr kam teilweise zum vollständigen Erliegen. Aufgrund dieses globalen neuen Zustandes hat sich der ökologische Fussabdruck deutlich verringert. Der Overshoot Day wurde für 2020 auf den 22. August errechnet. Dieser Effekt dürfte jedoch nur von kurzer Dauer sein. Denn sobald sich das Leben wieder normalisiert und die Bedürfnisse steigen, hebt dies auch den Verbrauch von Ressourcen wieder an.

Einer Prognose zufolge werden wir aufgrund einer wachsenden Weltbevölkerung im Jahr 2050 die Rohstoffe von mindestens 3 Erden benötigen, sofern wir keine nachhaltige Entwicklung anstreben.

Das Treibhauspotenzial

Dann gibt es noch den Begriff «Treibhauspotenzial». Hier wird die Auswirkung verschiedener Gase auf das Klima ermittelt, denn es gibt nicht nur das schädliche CO². Da Kohlendioxid aber das bekannteste Treibhausgas ist, werden andere Gase wie Methan, Lachgas oder auch F-Gase (fluorierte Kohlenwasserstoffverbindungen) mit dem Potenzial von CO² in einem Faktor zusammengefasst und in einer CO²-Äquivalente ausgedrückt. Vereinfacht lässt sich sagen, dass das Treibhauspotenzial angibt, wie stark die Wirkung eines Gases im Vergleich zu Kohlendioxid ist. Methan z.B. weist eine CO²-Äquivalente von 25 auf, es ist also 25 Mal schädlicher als CO². Lachgas ist sogar 298 Mal schädlicher als CO².

Methan ist als menschengemachtes Treibhausgas äusserst schwerwiegend, da es überall dort entsteht, wo organisches Material unter Luftausschluss abgebaut wird: in der Landwirtschaft, in der Massentierhaltung, bei Klärwerken und Mülldeponien. Aktuell werden immer grössere Mengen an austretendem Methan im auftauenden Permafrostgürtel sowie auf dem Meeresgrund beobachtet.

Treibhausgase haben eine negative Auswirkung auf das Klima und die Umwelt. Ihre Schädlichkeit wird an ihrem Lebenszyklus und dem Treibhauseffekt ermittelt. Auch Wasserdampf gehört zu den Treibhausgasen und ist mit dafür verantwortlich, dass sich die Oberflächentemperatur des Planeten erheblich erhöht.

Methode der Ökologischen Knappheit

Diese Methode ist ein Bewertungssystem zur Abschätzung von Umweltauswirkungen und wird v.a. bei Studien zu Ökobilanzierungen angewendet. Dazu wird die aktuelle Belastung der Umwelt (Ist-Menge) mit einer gesellschaftspolitischen Toleranzmenge (Soll-Menge) verglichen. Das Verhältnis dieser beiden Werte wird als ökologische Knappheit bezeichnet.

Das Verfahren dient zur Wirkungsabschätzung von Sachbilanzen. Diese Daten werden als Umweltbelastungspunkte (UBP) wiedergegeben. Durch die Art der Berechnung erlaubt die Methode eine Optimierung im Rahmen umweltpolitischer Ziele. Das Prinzip wurde in der Schweiz entwickelt und ist international anerkannt.

 

Stärken der Methode


Unternehmen und Dienstleister können die Resultate als Entscheidungsgrundlage heranziehen. Die Methode ist vielseitig anwendbar und praktikabel und kann für regionale Belastungen hilfreich sein. Ein eindimensionales Verfahren ermöglicht einen direkten Vergleich zwischen umweltbezogenen Produkten, Firmen und Leistungen. Das hilft dabei, in einem Entscheidungsprozess Umweltaspekte neben anderen Kriterien wie Kosten oder Machbarkeit mit zu berücksichtigen. Die Methode gibt einen guten Überblick zu Belastungen und Alternativen.

 

Ihre Grenzen


Die Methode der ökologischen Knappheit basiert auf den politischen Zielen der Schweiz. Zur Berechnung für andere Länder muss deswegen eine Anpassung der angestrebten politischen Ziele und Wertvorstellungen (Soll-Menge) erfolgen. Auch ist das Ergebnis als Überblick gedacht und alleine nicht aussagekräftig genug, um einzelne Umweltaspekte oder -Prozesse detailliert beurteilen zu können.